an jenem freitag ging herr huber wie jeden tag frühmorgens zum kiosk und kaufte sich ein letztes mal die zeitung. ein letztes mal. die schlagzeile stach ihm sofort in die augen: «heute um 14 uhr weltuntergang», stand da in fetten lettern geschrieben, mindestens fünf zentimeter hoch. arial. unbewusst hatte er es ja schon seit einer woche geahnt. damals hatte ihm die schwarze katze des verhassten nachbars vor die wohnungstüre geschissen und der postbote brachte nur rechnungen – irgendwas musste da passieren, es lag in der luft. das jahrtausendereignis.
an diesem freitag machte herr huber blau, himmelblau. er setzte sich ins nächste strassencafé und betrachtete still die nassgrauen wolken über der stadt. der café war heiss und das gipfeli von gestern, «es gibt kein morgen mehr», dachte er sich.
später schlenderte er gemütlich nach hause, grüsste unterwegs jede passantin, wünschte links und rechts einen schönen tag, hässlich lächelnde fratzen. er wusste es – er war auserwählt «es» zu wissen. oft lachten ihn seine arbeitskollegen ob seinen untergangsphantasien aus, er wurde gehänselt. «es werden alle eines besseren belehrt, ach, wie gerne möchte ich in ihre gesichter schauen, wenn ‹es› passiert.»
in seiner stube angekommen, zündete er sich eine marlboro an und schob ein letztes mal die videokassette in den recorder. pornofilme waren schon immer seine schwäche, da hatte er aus seiner not, sprich hässlichkeit, eine tugend gemacht. sämtliche schubladen und dunkelkammern waren vollgestopft mit sündigem zelluloid. nachdem er es der 0815-blondine tüchtig besorgt hatte – ihr stöhnen kannte er auswendig – begann draussen der grosse regen.
drinnen in der miefigen wohnung sterben? niemals! doch was zieht man den zu seinem eigenen begräbnis an? er entschied sich für das weisse hemd und die schwarze bundfaltenhose, dazu den ebenfall schwarzen blazer, den er günstig im ausverkauf erstanden hatte. die haustür fein säuberlich verschlossen, setzte er sich ins tram. während der fahrt zur endstation beobachtete er die gesichter der menschen im regen. «ignoranten» schoss es ihm durch den kopf.
es regnete weiter. natürlich fuhr er an diesem tag schwarz – diese 1.50 hätten den weltuntergang nicht verhindert, zum glück. item, es regnete weiter und herr huber war zufrieden. er verliess das grüne tram, lies die trostlos grauen vorstadtbauten hinter sich. er wollte im grünen sterben, mitten in der natur. er wollte von der sintflut erfasst und ins reich gottes gespült werden. er, der auserwählte. am ufer des flusses, der seine stadt in einem weiten bogen umfloss und wie ein zu lang geratener arm umschloss, liess er sich auf einem nassen stein nieder. nur das prasseln des regens, sonst stille. im baum über ihm hockten vögel, vergeblich bemüht, den grossen tropfen zu entfliehen. es gab kein entrinnen mehr. der fluss war reissend und es war ihm als stiege der wasserstand von sekunde zu sekunde. baumstämme trieben in den braunen fluten. lautlos.
er bereitete sich vor, faltete die hände zum gebet und stimmte den gesang des teufels an. da schiss ihm ein vogel auf die schulter – weisser vogeldreck auf schwarzem blazer. schwarz-weiss-malerei, es gibt gute und es gibt böse. er wusste, zu welcher seite er gehörte. der regen liess nicht nach, im gegenteil, alle schleusen des himmels waren nun weit geöffnet. musik in den ohren von herrn huber. dieser, vertieft in sein gebet, hörte aber schon lange nichts mehr. beten, beten, beten. es regnete weiter.
fünf tage später fanden spaziergänger den «angeschissenen» herrn huber tot am ufer des flusses – verdurstet. die meteorologen sprachen von einer jahrhundertflut und weite teile der historischen altstadt standen für kurze zeit unter wasser. aber die welt ging nur für herrn huber unter.